Gutes Fleisch beginnt beim Tierwohl – das ist die Überzeugung von Petra Nieding. In ihrer Ingelheimer Handwerksmetzgerei verbindet sie traditionelles Handwerk mit einem modernen Verständnis von Nachhaltigkeit.
Selbst ist die Frau.
Gute Wurst braucht kein schlechtes Gewissen. In der Feinkost Metzgerei Stephan in Ingelheim verbindet sich traditionelle Handwerkskunst mit verantwortungsvoller Tierhaltung – eine bewusste Entscheidung für mehr Tierwohl und Genuss. Am Anfang stand ein ungewöhnlicher Entschluss: Statt weiter nur in der familieneigenen Wildmetzgerei „Die Wildkammer“ zu arbeiten, in der sie seit 2012 gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen Wild aus eigenen Revieren vermarktete, entschied sich Petra Nieding, noch einmal die Schulbank zu drücken. Sie schrieb sich an der Fleischerfachschule in Frankfurt ein und bildete sich mit „beeindruckender Disziplin“ – so ihr Mann Klaus Nieding – zur Fleischermeisterin weiter. Kaum hatte sie den Abschluss in der Tasche, absolvierte sie die Zusatzqualifikation zur Fleischsommelière – ein klares Bekenntnis zu Qualität und Handwerk.
Just zu diesem Zeitpunkt suchte die überregional bekannte Feinkost Metzgerei Stephan einen Nachfolger. Für Petra Nieding stand schnell fest: Diese Chance lässt sie sich nicht entgehen. Anfang August 2019 übernahm sie den traditionsreichen Betrieb, der damals schon seit mehr als zehn Jahren konsequent nach biologischen Grundsätzen arbeitete und sich als Partnerbetrieb der bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall hatte listen lassen.
„All das entspricht genau dem, was wir unter einer verantwortungsvollen und zukunftsfähigen Fleisch- und Wurstproduktion verstehen.“
Metzgermeisterin und Fleischsommelière Petra Nieding
Tierwohl – gelebte Überzeugung.
Das Schwäbisch-Hällische Landschwein, heute bei Feinschmecker:innen wegen seines kräftigen, aromatischen Fleisches geschätzt, war Ende der 1980er-Jahre beinahe ausgestorben. Nur dem Engagement einiger Enthusiasten, die sich für den Erhalt der alten Nutztierrasse einsetzten, ist es zu verdanken, dass die Art überlebte – und ihre Zucht sich heute wieder lohnt. Aus dieser Initiative entstand die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, deren Grundprinzipien nach wie vor gelten: Die Tiere leben überwiegend auf der Weide, wühlen nach Herzenslust in der Erde, bekommen kein gentechnisch verändertes Futter – und werden von den Halter:innen selbst zum Schlachthof gebracht, um Stress zu minimieren.
Für Petra und Klaus Nieding passte dieses Haltungskonzept perfekt. Die beiden leidenschaftlichen Jäger sehen klare Parallelen zur Jagd im eigenen Revier: natürliche Lebensbedingungen und wenig Stress für die Tiere. „All das entspricht genau dem, was wir unter einer verantwortungsvollen und zukunftsfähigen Fleisch- und Wurstproduktion verstehen“, bringt es Petra Nieding auf den Punkt. Dass sich diese Haltung im Geschmack zeigt, beweist das fertige Produkt: „Das kräftig marmorierte Fleisch der Schweine, die mit einer Mischung aus Eicheln und Getreideschrot gefüttert werden, hat einen einzigartig nussigen Geschmack“, schwärmt die Metzgermeisterin.

Handwerk mit Tradition.
Die Metzgerei Stephan ist ein echter Traditionsbetrieb – die Wurzeln des Unternehmens reichen zurück bis ins Jahr 1893. Auch das spielte bei der Entscheidung, das Geschäft zu übernehmen, eine wichtige Rolle. Nicht nur wegen der alten, traditionellen Rezepte, sondern auch, weil echte Handwerksqualität erhalten bleiben muss – so das Credo der Niedings. „Wir konnten damals die gesamte Mannschaft übernehmen, und viele Angestellte arbeiten schon sehr lange im Betrieb“, berichtet Klaus Nieding. Der renommierte Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht begleitet das Unternehmen seiner Frau aus dem Hintergrund und steht ihr jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Eine nachhaltige Personalpolitik mit respektvollem und wertschätzendem Umgang gehört für beide ebenso selbstverständlich dazu wie eine nachhaltige Verwertung. „Die Ausbildung zur Fleischsommelière umfasst auch die sogenannte ‚nose-to-tail‘-Verwertung“, betont Petra Nieding. Das heißt: Es wird grundsätzlich das gesamte Tier verwertet. Und so finden Kund:innen in der 17 Meter langen Ladentheke auch Produkte, die andere Metzgereien selten anbieten, etwa Innereien, Zunge oder Schweinefüße. Sogar die Schweineohren werden getrocknet und als Hundesnacks verkauft.
Qualität, die man schmeckt.
Mindestens genauso wichtig wie eine Biozertifizierung ist die Regionalität. Neben Wurst und Fleisch vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein bietet die Metzgerei Produkte vom Hohenloher Bio-Weiderind, Freilandgeflügel, Merino-Weidelämmer, Wild aus eigener Jagd sowie eine große Auswahl an Käse, darunter Biokäse, und hochwertige Feinkost. Sogar vegetarische und vegane Produkte gehören zum Sortiment: Linsenaufstriche, Gemüsetaler, Salate – alles handgemacht aus hochwertigen Zutaten.
Auch das Wild überzeugt durch höchste Qualität: „Wir verarbeiten nur hochsitzgeschossene Tiere aus unseren Jagdrevieren“, erklärt Klaus Nieding. Der höhere Aufwand lohnt sich. „Letztlich ist es eine Frage der Qualität“, erläutert der leidenschaftliche Jäger, „das Tier stirbt innerhalb von Sekundenbruchteilen, völlig stressfrei, und hat weder Haltungs- noch Transport- oder Schlachtstress.“ Die Kund:innen schätzen diese Qualität und zahlen gern faire Preise. Nicht nur, weil das Magazin „Der Feinschmecker“ die Metzgerei seit 2010 ununterbrochen zu den 500 besten Deutschlands zählt, sondern weil immer mehr Menschen Wert darauf legen, dass die Tiere ein gutes Leben hatten. „Manche Produkte sind sogar günstiger als in konventionellen Betrieben, weil wir selbst herstellen und es nur wenig Zwischenhandel gibt“, erklärt Petra Nieding.
Ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal der Qualitätsmetzgerei: Das Team stellt alle Fleisch- und Wurstwaren selbst her, nichts wird zugekauft. Auch die Feinkost sowie die vegetarischen und veganen Produkte entstehen in eigener Produktion. „Nur den Käse machen wir noch nicht selbst“, schmunzelt Petra Nieding. Erwähnenswert ist zudem, dass das Team keine Industriegewürze verwendet, sondern ausschließlich Naturgewürze der Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall – ohne Geschmacksverstärker, Farbstoffe oder Konservierungsmittel. Diese Gewürze sind zwar teurer, dafür ergiebiger und von deutlich höherer Qualität.
„Die Leute lassen sich die Zubereitung erklären oder passende Rezepte geben.“
Petra Nieding
Beratung gehört dazu.
Klassiker wie Saumagen vom Wild oder vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein gehören ebenso zum Sortiment wie rheinhessische Spezialitäten – allen voran die berühmte Ingelheimer Bratwurst. Auch selbst angesetztes Sauerkraut aus einem großen Steinguttopf steht in der Theke. Regionalität spielt dabei eine zentrale Rolle – ebenso wie die Saisonalität: „So bieten wir zum Beispiel im Sommer keine Weißwurst an, die gibt es in der kalten Jahreszeit“, fasst die Metzgermeisterin zusammen. Stattdessen liegt der Fokus in der warmen Jahreszeit auf Grillgut, etwa Dry Aged Steak aus der eigenen begehbaren Reifekammer oder schön gesteckte Spieße. Im Herbst und Winter verkauft die Metzgerei mehr Fleisch für klassische Schmorgerichte, etwa Beinscheibe, Gulasch oder Ochsenbäckchen.
Die persönliche Beratung im Ladengeschäft gehört zum Konzept. „Die Leute lassen sich die Zubereitung erklären oder holen sich passende Rezepte, manche fragen mich sogar nach Ernährungstipps“, weiß die Fleischsommelière, die zwischenzeitlich auch noch die Weiterbildung zur Wurst- und Schinkensommelière sowie zur zertifizierten Traiteurin absolviert hat. Ein weiteres Standbein ist das Catering. Ob Firmenfeiern, Hochzeiten oder Geburtstagsfeste – das Team bietet individuelle Speisen an. Ingelheimer Kindergärten und Kitas beliefert die Metzgerei fürs Mittagessen, ebenso eine Reihe bekannter Gastronomiebetriebe.
Faire Bedingungen – auch hinter den Kulissen.
Gute Arbeit beginnt beim Team: faire Löhne, betriebliche Altersvorsorge, Wechselprämien und Boni – was in der Branche nicht selbstverständlich ist, gehört bei der Feinkost Metzgerei Stephan zum Alltag. Dennoch bleibt die Nachwuchssuche schwierig. „Der Beruf steht zu Unrecht in einem schlechten Licht“, findet Petra Nieding. Mit veralteten Vorstellungen vom Metzgerhandwerk hat der heutige Berufsalltag in einem modernen Betrieb wenig zu tun. Technik und höchste Hygienestandards prägen den Arbeitsalltag. Zudem ist der Beruf kreativ und bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten – die Kombination aus traditionellem Wissen und neuen Ideen macht die Arbeit so vielseitig. „Wir stellen zum Beispiel eine Bratwurst mit frischen Jalapeños und Cheddar-Käse, Ketchup mit Aprikosengelee und Bacon-Jam mit Whiskey her“, zählt Petra Nieding nur einige der kreativen Produkte ihres Betriebes auf.
Doch die Suche nach geeignetem Personal ist nicht die einzige Herausforderung für den vielfach prämierten Traditionsbetrieb. Wie in vielen Branchen spürt auch Petra Nieding die gestiegenen Kosten für Energie, Logistik und Treibstoff. Gerade im lebensmittelverarbeitenden Handwerk, wo Qualität, Frische und Zuverlässigkeit täglich neu gewährleistet sein müssen, erfordert die wirtschaftliche Planung heute mehr denn je Fingerspitzengefühl.
„Lieber weniger Fleisch, dafür gutes.“
Petra Nieding
Zurück zum Sonntagsbraten.
„Mein Motto lautet: lieber weniger Fleisch essen, dafür gutes“, fasst Petra Nieding die Philosophie der Metzgerei zusammen. Dieser Ansatz steht sinnbildlich für das, was den Betrieb ausmacht: eine verantwortungsvolle Haltung, höchste Qualität, bewusster Genuss – und ein klares Nein zur industriellen Massenproduktion. Wer hier einkauft, tut das aus Überzeugung – und geht mit einem guten Gefühl nach Hause.
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